Steckbrief

Klöckner-Magirus DL 32 (GDL)


Zurück zu Halbe Fahrt Jens Neuwohner

Es muß 1990 gewesen sein als sich dieses sehr Interressante Fahrzeug zu meinem Eigentum gesellte, über das auf den folgenden Seiten berichtet wird welche über die am Ende dieses Textes befindlichen Links zu erreichen sind.

Bekommen habe ich das Fahrzeug über einen befreundeten Nutzfahrzeughändler bei dem das Fahrzeug auf Umwegen gelandet war.

Da sich unter dem Chassis offensichtlich eine Henschel-Hinterachse befand und die Form des Vorbaus für Fahrzeuge der Marke Magirus recht ungewöhnlich aussah wurde auf eine Zusammenwürfelung eines Unbekannten geschlossen.

Bei näheren Recherchen nachdem ich das Fahrzeug käuflich erworben hatte stellte sich heraus daß es sich keineswegs um einen Eigenbau handelt sondern um eines der wenigen übelebenden „Schellplan-Fahrzeuge“ aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges.

Da es sowohl in der Weimarer Republik als auch in der Anfangszeit des Dritten Reiches keine wirkliche Vereinheitlichung von Militärfahrzeugen in Deutschland gab hat es sich ergeben daß alleine z.B. die Nachschubeinheiten des deutschen Militärs mit über 400!!! verschiedenen Fahrzeugtypen ausgerüstet war.

Ebenso sah es bei allen anderen Truppenteilen aber auch bei allen anderen öffentlichen Einrichtungen wie z.B. den Feuerwehren aus.

Kurioser Weise hat es das Totalitäre System des Dritten Reiches niemals geschafft die Industrie dazu zu bewegen einheitliche Fahrzeuge, nach dem Vorbild der Amerikaner oder der Briten, zu produzieren.

Der Macht- und Konkurenzkampf der Firmen untereinander war zu groß.

Versuche die Fahrzaugtypen zu vereinheitlichen hat es dennoch gegeben.

Die Ironie ist daß es voneinander unabhängige Versuche der unterschiedlichen Truppenteile gegeben hat die sich wiederum ebenfalls gegenseitig Konkurenz machten.

So gab es ein Vereinheitlichungsprogramm speziell für Feuerwehr und Katastrophenschutzfahrzeuge vom Sicherheits- und Hilfsdienst kurz SHD welcher der Luftwaffe zugeordnet war.

Weiter gab es Versuche der Heeresabteilungen denen der Deutsche Einheits LKW und der Einheits PKW entsprungen waren.

Der oben genannte SHD versuchte in erster Linie die Aufbauten und Ausrüstungen zu vereinheitlichen.

Die Heeresabteilungen versuchten die Fahrgestelle konsequent zu vereinheitlichen und diese Einheits LKW wie auch PKW nach Alliiertem Vorbild von allen Fahrzeugherstellern produzieren zu lassen.

Ein Unterfangen gegen daß sich die Hersteller aus Angst vor Identitätsverlust vehement gewehrt haben.

Als recht interressante und kuriose Variante hat zusätzlich zu den oben Genannten Einrichtungen der Oberst von Schell eine eigene Arbeitsgruppe und daraus resultierend das Deutsche Einheitsbüro ins Leben gerufen.

Dieses Einheitsbüro sollte einen Plan, der später als Schellplan bekannt wurde, verwirklichen.

Dieser Schellplan sah vor daß nur die technischen Eckdaten, Einbaumaße usw. von sämtlichen Fahrzeugkomponenten vereinheitlicht werden.

Dadurch konnten die einzelenen Hersteller durchaus ihre individuellen Optiken, Motoren, Getriebe usw. bauen und verwirklichen.

Durch die Komponentennormung konnte nun ein Henschel-Motor ohne Probleme in ein Magirus-Fahrgestell und umgekehrt verbaut werden.

Ebenso sollte es sich mit den Getrieben und selbstverständlich auch mit allen anderen Marken verhalten.

Zu einer Zusammenarbeit ist es aber nur noch mit Magirus, Henschel, MAN und Saurer gekommen.

Dadurch ist zu erklären daß die in diesem Magirus verbaute Hinterachse auch in Henschelfahrzeugen zu finden war.

Als Motoren sollten bei Magirus für die „Schellplanfahrzeuge“, aufgrund der Aufgabenstellung der Wehrmacht an die gesamte Industrie Luftgekühlte Motoren zu entwickeln, solche mit Luftkühlung zum Einsatz kommen.

Daher ist Anfang des Krieges begonnen worden den später sehr erfolgreich gewordenen 514er Motor zu entwickeln der als Vater aller späteren, luftgekühlten Deutz-Motoren gelten kann.

In dem hier dargestellten Fahrgestell vom Typ Klöckner S4500 war dieser Motor als Sechszylinder vorgesehen.

Da dieser Motor nicht rechtzeitig Serienreif wurde musste kurzfristig ein Wassergekühlter Klöcknermotor vorübergehend den Serienstart dieser Fahrzeuggattung überbrücken.

Die Fahrgestelle nach den Schellplänen wurden nicht unter der Bezeichnung Deutz sondern unter Klöckner vermarktet.

Kurioser Weise wurden die 3 Tonner mit Klöckner-Emblem, die 4,5 Tonner jedoch neutral ohne jegliches, sichtbares Firmensymbol ausgeliefert.

Bei diesem Fahrzeug handelt es sich um die Niederrahmen- (Omnibus-) Variante um den Schwerpunkt für den Drehleiteraufbau niedrig zu halten.

Das Fahrgestell nennt sich in diesem Fall GFL 145.

Der Aufbau des Fahrzeuges ist ebenfalls sehr selten. Die Drehleiteraufbauten wurden im Dritten Reich ebenfalls vereinheitlicht.

Es gab sie in drei Hauptgrössen: LDL (Leichte Drehleiter) mit 18 Metern, SDL (Schwere Drehleiter) mit 26 Metern und GDL (Große Drehleiter) mit 32 Metern.

Hier handelt es sich um eine GDL mit einem 5 teiligen 32 Meter Leiterpark.

Das Fahrzeug wurde 1943 an eine nicht bekannte Stadt ausgeliefert.

Auslieferungsfarbe war die in diesem Jahr als Einheitsfarbe für Reichsbeschaffungen festgelegte Farbe Luftschutzgrau mit der heutigen Ral Nummer 7021.

Als besonderheit waren diese Drehleitern mit einem Meldefahrrad ausgerüstet. Sinn dieses Fahrrades war es daß wenn an der Einsatzstelle klar wurde daß zusätzliche Einsatzkräfte benötigt werden, ein Mann mit diesem Fahrrad zum nächsten Fernmelder radeln musste um eine Meldung abzugeben. Das war notwendig da man damals noch keine Funkgeräte an Bord der Fahrzeuge hatte.

Direkt nach dem Ende des Krieges ist das Fahrzeug über Umwege in den Nachkriegswirren zur Berufsfeuerwehr in München gelangt.

Hier wurde bereits 1945 durch die Wehreigenen Werkstätten der originale, Wassergekühlte Motor, welcher zum Serienstart dieser Fahrzauggattung den nicht rechtzeitig serienreif gewordenen Luftgekühlten 514er Motor ersetzen musste, gegen eben diesen ursprünglich vorgesehenen mittlerweile zur Verfügung stehenden luftgekühlten 514er Motor ersetzt.

Wirklich eine Ironie der Geschichte.

Ebenfalls wurde die Einfachkabine nach hinten verlängert.

Bis Anfang der 70er Jahre blieb das Fahrzeug im Dienst der BF München.

Danach wechselte die Drehleiter in den Bestand der Feuerwehr Rottach-Egern am Tegernsee.

Hier wurde das Fahrzeug mitte der 70er Jahre als weiteres Kuriosum in seiner Geschichte bei Fotoaufnahmen der Les Humphries Singers für ein Poster in der Zeitschrift Bravo als Podium verwendet.

Das Ende der aktiven Zeit dieses Fahrzeuges kam sehr jäh im Jahr 1985 als das Fahrzeug während einer Großübung durch versagen der Sicherheitseinrichtungen mit ausgefahrenem Leiterpark umstürzte.

Hierbei wurden drei Feuerwehrmänner schwer verletzt.

Vier der Fünf Leiterteile wurden zerstört. Lediglich der unterste Leiterteil blieb erhalten.

Nachdem ich über oben beschriebene Umwege an das Fahrzeug gelangt war konnte ich anhand von Originalunterlagen aus dem Magirusarchiv feststellen daß die Leiterparks sowohl der 26 Meter als auch 32 Meter Version aus dem selben Baukasten stammten.

Die Vierteiligen 26 Meter-Version wurde durch einen Grösseren Fünften Teil nach unten erweitert.

Da eben dieser Teil erhalten blieb konnte mit einem 26 Meter Leiterpark einer geschlachteten Drehleiter der 40er Jahre der Leiterpark wieder komplettiert werden.

Während der Restaurierung habe ich die nachträgliche Verlängerung der Kabine, mit hilfe von Teilen die ich durch das Schlachten eines ebenfalls nach Schellplan gebauten Klöckner S3000 gewonnen habe, wieder rückgängig gemacht.


Die Technischen Daten:

Eigengewicht 9 Tonnen

Leistung 125 PS

Höchstgeschwindigkeit 75 Km/h

5 Gang-Getriebe unsynchron

Leiterhöhe 32 Meter

Vollautomatische Überlastsicherung unter Berücksichtigung der jeweiligen Neigung.

Automatischer Ausgleich der schädlichen Seitenneigung




Unrestauriert


Auslieferungsliste und Baubeschreibung GDL (aus dem Magirusarchiv)


Restaurierungsphase


Nach der Restaurierung